Das Öko-Kraftwerk
Wird es im Winter wirklich warm in einem Minergie-Haus? Lohnt sich die Investition? Im Wallis kann man sich vor Ort selber überzeugen. An bester Sonnenlage reckt sich der «Sunnaspycher» der Wärme entgegen. Bereit, jeden Strahl einzufangen. Das Minergie-Holzhaus hat sich dazu den idealen Platz ausgesucht: Birgisch im Wallis – dort, wo immer schönes Wetter ist. Das braucht es auch
, damit die Fotovoltaik-Anlage auf der Südseite des Daches genügend Strom produzieren kann – jährlich 4600 Kilowatt. Das sind 600 Kilowatt mehr, als das Haus benötigt.
«Ein Haus, das nach allen Regeln der Energieeffizienz gebaut ist, braucht kein teures Öl oder Gas zum Heizen», sagt Projektleiter Heinz Beer und trägt eine Kiste Holz ins Haus. «Das reicht für drei Wochen», erklärt er. Eingefeuert wird nur dann, wenn sich die Sonne für einmal nicht blicken lässt und die Temperaturen unter null liegen. «Viele, die gern ein Minergie-Haus bauen würden, können sich nicht vorstellen, dass es auch im Winter in einem Holzhaus ohne herkömmliche Heizung richtig warm wird.»
Um diese Zweifel zu beseitigen, bauten Elisabeth und Heinz Beer mit dem Walliser Architekturbüro Sunnaplan 2009 das Probewohnhaus «Sunnaspycher». Interessierte können es mieten und gleich selber testen. Heinz Beer ist es wichtig, nicht stur nach Labelzertifizierungen zu streben, sondern individuell auf die Kunden einzugehen: «Im Vordergrund steht immer die optimale Kosten-Nutzen-Abwägung.» Der Bau eines Minergie-Hauses ist etwa 8 bis 10 Prozent teurer als bei einer herkömmlichen Immobilie – die Gebäudekosten inklusive Fotovoltaik betragen beim «Sunnaspycher» 420 000 Franken. «Dafür investiert man in die Zukunft und in die Umwelt. Und je früher die Preise von Öl, Gas und Strom steigen, desto eher ist die Amortisation erreicht», sagt Heinz Beer. Zudem unterstützt der Bund energieproduzierende
Neubauten und Sanierungen mit Förderbeiträgen. Wer einmal im «Sunnaspycher» drin ist, merkt kaum, dass im Öko-Haus viel
Hightech steckt. So sorgt die Komfortlüftung rund um die Uhr für frische Luft. Sie wird von aussen angesogen, durch ein Erdregister unter das Haus geleitet und gelangt durch versteckte Lüftungsschlitze ins Haus. Gleichzeitig wird die verbrauchte Luft abgesogen. Gibt es Fondue zum Znacht, kann man eine höhere
Stufe einschalten oder ganz altmodisch die Fenster öffnen. Auch die fünfzig Zentimeter dicke Holzwand hat einiges zu bieten. Hinter der dreischichtigen Fichtenplatte sorgt Isofloc für die optimale Dämmung. Das Material aus Altpapier speichert die Feuchtigkeit und gibt sie bei Bedarf wieder ab. «Die ganze Gebäudehülle ist atmungsaktiv», sagt Heinz Beer. Im Winter speichert sie die Wärme und schützt gegen die Kälte von aussen – im Sommer funktioniert es
andersrum. Auch die Böden erfüllen diese Aufgabe: Scheint die Sonne durch die grosse Fensterfront, erwärmt sich der Boden und funktioniert als Speicher. Im Sommer schützt ein Sonnensegel vor der Hitze. Das Holz für den «Sunnaspycher» stammt grösstenteils aus der Schweiz. Die Spezial-Akustikdecke ist eine Anfertigung aus dem Schwarzwald, und die Dreischichtplatten kommen aus Österreich.
36 Kubikmeter Holz wurden für den «Sunnaspycher» verarbeitet. Nach Berechnungen des Holzbauers wächst dieses Holz in der Schweiz innerhalb von zwei Minuten wieder nach.