25/11/2024
Geschichte findet Stadt“ – großes Finale
Es war ein riesiges Gemeinschaftswerk, der Ausgang völlig offen. Gästeführerin und Historikerin Lydia Raupach hatte Anfang des Jahres die Idee, die Geschichte unserer Stadt speziell für Jugendliche erlebbar zu machen. Finanziert durch das Bundesprogramm „Demokratie Leben“ sowie dem Landesprogramm „Denk bunt“ entstanden unter ihrer Leitung in den letzten Monaten vier Schulprojekte mit drei Klassen des Zabel-Gymnasiums und einer 9. Klasse der Ostschule Gera Europaschule, die sich mit dem jüdischen Leben in unserer Stadt beschäftigten. Mithilfe vieler Partner, engagierter Lehrer, aufmerksamer Eltern und eigener Kreativität haben die Schüler Erstaunliches geschaffen. Entstanden ist ein Stadtplan mit Stätten jüdischen Lebens in Gera. Jeder einzelne Punkt kann mittels QR-Code aufgerufen werden. Hinterlegt sind Texte, die die Schüler in ihrer eigenen Jugendsprache eingesprochen haben. Ein zweites Projekt ist ein Film über das Leben der jüdischen Familie Mazur, erzählt aus der Sicht der jüngsten Tochter Adelheid, genannt Heidi. Letzte Woche fanden dazu die Dreharbeiten am Originalschauplatz, der Villa Mazur in der Ebelingstraße statt. Dargestellt haben die Achtklässler die Szenen, die sich in der Reichspogromnacht morgens um 4 Uhr dort abspielten. Nach Fertigstellung wird der Film unter anderem auf der Website der Gästeführer als auch des Vereins „Villa Mazur“ sowie auf dem Kanal des TMBZ (Labor 14) abrufbar sein. Das dritte Projekt realisiert eine 12. Klasse. Nach intensiver Beschäftigung mit der Historie verschiedener Gebäude unserer Stadt, wie der Teppichfabrik, der Schäfer-Klinik, dem Haus Halpert, stellen die Jugendlichen diese Objekte auf künstlerische Weise mittels aufwändigem Siebdruckverfahren dar. Sie werden auf Postkarten gedruckt und an verschiedenen Stellen der Stadt ausgelegt. Auch gehört dazu, dass die Jugendlichen Texte erschaffen haben, die die Geschichte der Gebäude in Form eines inneren Monologs erzählen, als ob die Gebäude selbst sprechen. „Sie haben mich damit teilweise zu Tränen gerührt“, so Lehrerin Katharina Seemann. Auch diese Texte sind mittels QR-Code auf den Postkarten abrufbar.
Unterdessen bot „Geschichte findet Stadt“ auch generationsübergreifend Veranstaltungen zum jüdischen Leben in Gera an. So haben die Gästeführer Geras zwei thematische Rundgänge, die Besichtigung der Villa Mazur sowie zwei Filmvorführungen auf die Beine gestellt. Bewegend wurde es, als Herr Kranz und Herr Seemann von den ACHAVA Festspielen Thüringen, eindringlich und mitfühlend vom Leben des Holocaust-Überlebenden Naftali Fürst berichteten. Die anwesenden Gäste, unter anderen zwei Schulklassen aus der Otto-Dix-Schule, waren von dem Gehörten sehr ergriffen.
Zum großen Finale kam es am Samstag, als alle Klassen ihre Projekte im K*K in Form eines „Salon-Abends bei den Biermanns“ präsentierten. Den Abschluss bildete dabei das Projekt der 9. Klasse der Ostschule Gera Europaschule, die Szenen aus dem Leben der Familie Biermann in Form eines Theaterstücks präsentierte. Die Jugendlichen haben Schlüsselszenen ausgewählt und sie mit Requisiten und Kostümen aus dem Theaterfundus auf die Bühne gebracht, das Ganze souverän moderiert durch eine Mitschülerin. Stürmischen Applaus gab es am Ende durch die anwesenden Mitschüler, Eltern und Lehrer und Gäste. „Wir sind so stolz auf unsere Kinder“, berichtete das ägyptische Ehepaar Hegazy-Nezma im Anschluss. „Hassan und Ferial haben viel über die Vorbereitungen zu Hause erzählt, und wir waren sehr neugierig, sie auf der großen Bühne zu erleben.“
Dass sich die jungen Menschen in ihrer Freizeit und darüber hinaus auch mit ihren Familien mit der jüdischen Geschichte Geras auseinander gesetzt haben, ist ein grandioser Erfolg des Projektes und trägt zur Demokratiestärkung bei.