28/12/2014
Die Situation am Gotthard
(Stand ende Dezember 2014)
Was wird aus der Gotthardstrecke?
Am Freitag, 31. Oktober 2014 konnte ein weiterer grosser Schritt beim Bau der NEAT abgeschlossen werden: Es wurden die letzten beiden Schwellen des 57 Kilometer langen Gotthard-Basistunnels verlegt. Die Gleisarbeiten bei diesem Grossprojekt sind somit praktisch abgeschlossen und der längste Tunnel der Welt kann nun bereits mit Dieselloks auf der ganzen Strecke befahren werden.
Schon bei Baubeginn (4. November 1999) stand eines bereits fest: Die Gotthard-Bergstrecke wird ab der offiziellen Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels ende 2016 theoretisch nicht mehr gebraucht werden und nur noch als Übergangslösung resp. als Back-up-Strecke Verwendung finden. Zu berücksichtigen ist auch noch eine weitere Rahmenbedingung: Die alte Gotthardstrecke müsste schon seit längerem general-saniert zu werden, was einen dreistelligen Millionenbetrag kosten würde.
Die derzeitige Betreiberin der Strecke, die SBB, liess bereits vor einer Weile durchblicken, dass sie kurz- bis mittelfristig den Betrieb der Gotthard-Bergstrecke nicht weiterführen wolle, geschweige denn bereit sei, die Kosten einer Total-Sanierung zu tragen. Dies regte in der Bevölkerung umgehend eine Diskussion darüber an, wie das technische Meisterwerk und kulturelle Erbe am Gotthard gerettet und erhalten werden kann. Und es wurde auch schnell eine potentiell gute Lösung gefunden: Die Gotthardstrecke soll UNESCO Weltkulturerbe werden. Dies würde die SBB verpflichten, die Strecke unabhängig von kommerziellen Überlegungen zu sanieren. Auch die Politik wurde bereits aktiv und überreichte 2012 ein Postulat, wo nach der künftigen Nutzung der Gotthard-Bergstrecke gefragt wurde. Anfangs Oktober 2014 gab der Bundesrat eine ernüchternde Antwort: Es wird von den aktuell Verantwortlichen beim Bund / bei den SBB vorerst KEINE Kandidatur für UNESCO Weltkulturerbe geben. Ob und wie es mit der alten Gottharstrecke weitergehen soll, wird erst 2025 entschieden. Der Bundesrat hielt allerdings fest, dass die Gotthard-Bergstrecke auch nach Eröffnung der NEAT weiterhin für den Erschliessungs- und touristischen Verkehr betrieben werden soll. Doch was das konkret bedeuten wird, ist unklar. Es ist zu befürchten, dass die SBB aus Kostengründen nur das absolute Minimum an Sanierungsarbeiten durchführen wird, so dass die Strecke gerade noch so gefahrlos befahren werden kann, aber die dringend benötigte Total-Sanierung wird ausbleiben. Klar ist, von einer nachhaltigen Erhaltung der Strecke inkl. einem regelmässigen Fahrplanbetrieb kann nicht die Rede sein. Dazu kommt noch, dass Ende 2017 die entsprechende Fernverkehrskonzession ausläuft, was die SBB dann offiziell von jeglicher Verantwortung entbindet.
Doch es gibt Hoffnung für den Gotthard. Es sind Bestrebungen im Gange, die „Gotthard Express Bahn“ zu gründen, eine Betreibergesellschaft, welche spätestens ab der fahrplanmässigen Eröffnung des Gotthard Basistunnels den Betrieb und die Total-Sanierung der Gottharstrecke übernehmen wird. Die GEB wird in der Gotthardregion hauptsächlich fahrplanmässige RE- (Regio-Express) und Pendelverkehr-entlastende Schnellzugs-Verbindungen anbieten sowie den Pendelverkehr des Einzugsgebietes sicherstellen. Des weiteren wird es Feeder (Zubringerdienste) geben, welche als Bindeglied zwischen den verschiedenen Playern (hauptsächlich SBB, BLS, MGB, SOB, etc. aber auch viele kleinere Bahnen, Bergbahnen und touristischen Standorten) die GEB mit den strategisch wichtigen Touristik- und Verkehrszentren der Region verbinden. Selbstverständlich wird es auch gelegentliche Museums-Fahrten sowie spezielle Veranstaltungen und Events geben. Die Gotthardstrecke wird damit nachhaltig bestehen bleiben. Die betroffenen Menschen, Firmen, Kantone, Gemeinden und Tourismusverbände im Einzugsgebiet werden durch die Gotthard Express Bahn ganz unerwarteten Aufwind erleben.