30/09/2023
Wieso der Koffer unsinnigerweise in die Kabine kommt?
Für Mitte Oktober ist ein Flug von Zürich nach Hamburg und zurück geplant. Ok, 451 Franken respektive 522 Franken kostet das Ticket für die ausgewählten Flüge bei Swiss je nach Buchungsklasse, das war auch schon günstiger – aber ist ja auch gut so, dass die zweistelligen Europa-Tarife passé sind.
Der 451-Franken-Tarif erlaubt nur 8 Kilogramm Handgepäck, für 522 Franken kommen 23 Kilogramm Check-in-Gepäck dazu. 8 Kilogramm sind ein bisschen knapp für all die Kleider, aber das sollte zu schaffen sein. Doch wie war das schon wieder beim letzten Europa-Flug mit der Swiss von Berlin nach Zürich? Es war der pure Gepäck-Wahnsinn. So ziemlich jeder Reisende schleppte ein oder sogar zwei Gepäckstücke mit in die Kabine. Das Gerangel, der Unmut, der Platzmangel, der Ärger war gross und eine Abflugverspätung resultierte obendrauf, weil sich das Einstiegsprozedere dahinzog.
Nie wieder mit so viel Handgepäck in die Kabine, lautete mein Entschluss, sollen sich doch die anderen um die Gepäckablage streiten. Schliesslich ist Gepäck einzuchecken überhaupt kein Aufwand und am Ankunftsort geht in der Regel höchstens eine Viertelstunde flöten, bis der Koffer auf dem Gepäckband auftaucht. Easy peasy.
Klar, 71 Franken zu sparen mit dem günstigeren Tarif hat seinen Reiz, das gäbe in Hamburg ein feines Abendessen. Aber, ach wo: keine Lust, beim Packen auf jedes Gramm zu achten und vor allem erspare ich mir den sicheren Ärger in der Kabine.
Aus zwei Gründen gepusht, den günstigeren Tarif zu buchen
Was nun aber erschwerend gegen den Kauf des teureren Tickets (inklusive Check-in-Gepäck) spricht: zuletzt blieben wiederholt eingecheckte Gepäckstücke auf Abflughäfen liegen. So landete der Swiss-Flug WK226 ab Zürich 9. September in Bilbao ohne ein einziges Gepäckstück. Beim Gepäckförderband warteten die Passagiere vergeblich und ohne informiert zu werden, was los ist und ob und wann das Gepäck doch noch auftaucht.
In den ersten neun Monaten sind 15 Swiss-Flieger ohne Gepäck abgehoben. Ok, das ist nichts. Das sind gerade mal 0,024 Prozent, wie «Watson» neulich vorrechnete. Doch wirklich ohne Gepäck am Zielort den Aufenthalt zu beginnen, ist halt schon übel.
Eigentlich ist man nun gleich aus zwei Gründen gepusht, den günstigeren Tarif zu buchen: wegen der 71 Franken Ersparnis im aktuellen Beispiel und dem wegfallenden Risiko, ohne Gepäck den Ferienaufenthalt zu beginnen.
Was unter dem Strich aber ein Unfug ist. Denn je mehr Passagiere vollgequetschtes Handgepäck in die Kabine reinschleppen – und das ist nun leider die Konsequenz –, umso grösser ist das Chaos. Es fallen mehr Verspätungen an, das wacklige Aviatik-Gesamtsystem gerät aus den Fugen. Aus den 20 Minuten Abflugverspätung wird eine Stunde, weil ein neuer Slot in der Luft beantragt werden muss.
Haben sich im Hochsommer die heissen Daten auf sechs oder sieben Wochenenden konzentriert, stehen am 7./8. Oktober sowie am 14./15 Oktober zwei Wochenenden an, an denen die Passagierzahlen auf ein absolutes Spitzenniveau konzentrieren – Engpässe, Warteschlagen, Verspätungen und Gerangel in der Flugzeugkabine sind absehbar. Umso mehr, weil mit dieser Tarifstruktur und der daraus resultierenden Message («wenn du nur Handgepäck mitnimmst, dann ist es billiger!») sowie dem dumpfen Gefühl, eingechecktes Gepäck könnte auf der Strecke bleiben, bald schon wieder die Gepäckablagefächer zum Überquellen bringen. Liebe Swiss, dieser Nur-Handgepäck-Tarif wäre zu überdenken.