03/04/2021
WETTERBURG
Im Waldeckischen Lande erhebt sich auch die alte Wetterburg, von der ein bedeutender Rest noch im wohnlichen Stande steht. Auf der Wetterburg saß Philipp II., Graf zu Waldeck, der war im Bündnis mit Erzbischof Albrecht von Mainz, gegen welchen Ritter Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand in Fehde war. Und da gedachte Götz den Waldecker in seine Gewalt zu bekommen, zog durch die Lande und näherte sich mit seiner Schar der Wetterburg, wo er sich nahe dem Wege von der Burg nach Dalheim in den Hinterhalt legte. Als Götz von Berlichingen nun da lag und lauerte, ward er eines Schäfers ansichtig, der seine Herde hütete, und siehe - mit einem Male rannten fünf Wölfe aus dem Walde und fielen in die Herde ein. Des freute sich des biedern Götzens deutschritterliches Herz, und hörte und sah es gern - wie er selbst erzählt hat - und wünschte den Wölfen Glück und auch sich und sagte zu den Wölfen: Glück zu, lieben Gesellen! Glück zu überall! Und als dies gute Omen sich gezeigt hatte, da kam Graf Philipp von Waldeck von der Wetterburg herunter, und Götz griff ihn an auf paderbornschem Boden und nahm ihn gefangen, dann führte er ihn auf kölnischen Boden, dann durch des Grafen eignes Land, dann durch die Landgrafschaft Hessen, von da aus durch das Hochstift Hersfeld, von da nach Fulda und in die Grafschaft Henneberg und weiter durch sächsisches Land und durch die Hochstifte Würzburg und Bamberg in die Markgrafschaft Nürnberg und in die Bayrische Pfalz bis an den Ort, da er ihn hinhaben wollte, auf eine seiner Burgen im gottgeliebten Schwabenlande. Hierauf berechnete Götz von Berlichingen die vielen Kosten, welche dieser Zug ihm verursacht, und die Zehrung seines Gefangenen, und wenn ihm diese ersetzt würden, wolle er ihn wieder loslassen. Nur hundert Gulden Zehrungskosten und außerdem noch achttausend Gulden - so solle Graf Philipp II. von Waldeck wieder frei werden. Des Grafen treuer Bundesgenoß Kurfürst Albrecht zu Mainz gab keinen Deut her zur Auslösung des Gefangenen, auch fiel ihm nicht ein, gegen Götz einen Feldzug zu unternehmen. Da schnitt der Gefangene einen Büschel seiner grauen Haare ab und schrieb an seinen Sohn, auch Philipp geheißen, und bat ihn beweglich, das Lösegeld für ihn aufzubringen. Solches tat auch der Sohn und zog seinem alten Vater bis Coburg entgegen, wohin Götz seinen Gefangenen vergeleiten ließ, und umarmte den Vater, der noch nach einer Haft von zwanzig Wochen den nämlichen Koller trug, in dem er war gefangen worden, unter Tränen, aber der Vater tröstete ihn mit weisen Worten über des Lebens Wechsel, des Glückes Unbestand und wie auf Regen Sonnenschein, auf Trauer Freude folge.
Von der Wetterburg überblickt der Wanderer einen schönen Teil von Westfalens roter Erde, worauf die heilige Feme ihre blutigen Urteile sprach und vollzog. Besonders zeigt sich die alte Femdingstuhlstadt Volksmarsen, davor "vff dem ride die wirdige königliche Dingstatt des kaiserlichen freienstuls" stand und "die echten rechten freischöffen und procuratoren der heiligen heimlichen achte" zu Gericht saßen. Gar gruselig ist davon zu lesen im Ritterromane Kurt von der Wetterburg oder die unsichtbaren Oberen, es ist aber alles nicht wahr, dieweil es nie Ritter gab, die von der Wetterburg sich nannten oder schrieben. Im alten Keller der Burg aber läßt die Sage keinen poetischen Femrichter, sondern einen sehr prosaschen Geist in Gestalt einer Branntweinstonne spuken, und ist solches gar ein arger, gefährlicher Geist.
Quelle: Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch, Leipzig 1853
Märchen, Mythen Und Legenden vom Edersee! Heute hat uns Jochen Herzog aus Waldeck eine wahre Begebenheit mitgebracht.
Die Lagebezeichnung „Essmannsselle“ sagt Euch hoffentlich was. Ich habe diese Felsnische noch gesehen. Dort soll eine arme Familie namens Essmann gelebt haben. Ein Märchen dazu.
Die Essmannsselle (mundartl. für Essmanns-Höhle)
Dort, wo sich heutigen Tags der Golfplatz ausdehnt, sieht man unter Gebüsch einige Felsklippen aufragen. Hier befand sich vor Zeiten eine Höhle, in der der Räuberhauptmann Essmann mit seiner Bande hauste. Er war weit und breit gefürchtet, aber er nahm nur die Habe reicher Leute. Schon lange hatte der Graf von Waldeck seiner habhaft werden wollen, aber die Höhle des Räubers lag damals noch tief im Wald und war nur dem Hauptmann und seiner Bande bekannt.
Eines Tages ritt nun der Graf, nur von wenigen Bewaffneten begleitet, durch das Reiherbachtal. Auf solch eine Gelegenheit hatte Essmann nur gewartet. Er überfiel den Grafen, nahm ihn gefangen und forderte ein hohes Lösegeld. Der Graf aber verweigerte jegliche Zahlung und so wurde er von den Räubern an seinen Erzfeind Götz von Berlichingen ausgeliefert, der sehr gerne eine stattliche Summe für ihn zahlte.
Nun hatte Essmann leichtes Spiel, denn wer sollte ihn noch daran hindern ganze Dörfer auszurauben? Als er aber die befestigte Stadt Waldeck angriff, ereilte ihn sein Schicksal. Graf Philipp von Waldeck kam aus seiner Gefangenschaft heim und zog zur Burg hinauf. Als er nun an der Stadt vorbeikam, hörte er lautes Rufen und Kampflärm. Eilig ritten er und seine Begleiter in die Stadt und sahen, wie Essmann und seine Bande die Stadtbevölkerung ausraubten, drangsalierten und brandschatzten. Die Stadttore wurden geschlossen, so dass die Räuber nicht entkommen konnten und ein Kampf Mann gegen Mann begann. Der Graf und Essmann trafen aufeinander und im Handgemenge wurde der Räuber vom Grafen erschlagen. Die Überlebenden mussten sich ergeben und „hielten Hochzeit mit des Seilers Tochter“, d.h. sie endeten am Galgen. Auf der Folter verriet schließlich einer der Räuber den Eingang zur Schatzhöhle. So manches Kleinod konnte seinen rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben werden, aber viele Schätze sind bis heute noch nicht gehoben worden.
Vor langer Zeit sah einmal ein Wanderer des nachts im Reiherbachtal ein „Geldfeuer“. Rasch warf er seinen Hut darauf, bannte so den Schatz auf der Stelle und wurde ein reicher Mann.