18/01/2024
Ich weiß gar nicht, wie ich zu der Ehre kam, zum ersten Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters eingeladen zu werden. Auf jeden Fall war ich sehr angetan von der Veranstaltung. Natürlich nicht nur wegen des erstklassischen Buffets ;-) Erstmals hatte ich das Gefühl, dass das Kulturhauptstadtjahr kein Flop wird. Nachdem ich mich hier auf facebook und auch im realen Leben regelmäßig über verbesserungswürdige touristische Basics echauffiert (die nach wie vor zu wünschen übrig lassen) und mich über Kunstwerke wie Parapom ausgelassen habe, gefallen mir die neuen Themen richtig gut. Mein Favorit ist das Projekt des Industriemuseums "Tales of Transformation" Der Projektträger beschreibt es so "die Entwicklung ehemaliger industrieller Hotspots miteinander: Chemnitz, Gabrovo, Łódź, Manchester, Mulhouse und Tampere. Als „sächsisches Manchester“ gab Chemnitz in Sachsen den Startschuss zur Industrialisierung, erlebte rasantes Wachstum und schließlich Deindustrialisierung – eine tiefgreifende Herausforderung, aber auch die Chance zur Neuerfindung. Die Ausstellung beleuchtet ab April 2025 u.a. welche Impulse für die Zukunft aus diesen Städten kommen und was sie voneinander lernen können." Das trifft genau meinen Nerv, dass sich Chemnitz über seine Industriegeschichte definiert und das noch im europäischen Kontext, finde ich superspannend. Auch das Projekt "Rummelplatz" finde ich sehr interessant. Ich habe während des Empfangs gleich mal die auch anwendenden Theaterleute von Fritz-Theater, die Bräunigs Roman zum 875 Jahrfeier genial szenisch umgesetzt hatten, gefragt, was sie damit zu tun haben. Nichts. Der Stoff wird als Oper aufgeführt. Das kann ich mir zwar gerade noch nicht wirklich vorstellen, wie das geht, aber finde ich sehr spannend und werde mir das nicht entgehen lassen. Die Wismut ist schließlich ein Stück Geschichte der Stadt. Auch die Ausstellung des smac zur Geschichte des Bergbaus passt zur Stadt und dem angrenzenden Erzgebirge. Und die geplante Munch-Ausstellung freut mich als Museumsführerin in der Villa Esche, in der Munch 1905 7 Bilder im Auftrag von Herbert Esche malte, richtig sehr. Es freut mich, dass der Fokus nun doch stärker darauf gelegt wird, was die Identität von Chemnitz ausmacht. Ich hatte ja schon Meinungen in der Art gehört wie Geschichte ist was für Ewiggestrige. Nein, ist es nicht, wer seine Wurzeln nicht kennt, kann die Zukunft nicht gestalten. Deshalb hat mich auch die Ehrung eines langgedienten Ortschronisten gefreut. Zum Empfang wurden nämlich auch erstmals Chemnitzer für ihr Engagement mit dem Chemnitzer Taler geehrt. Sicher hat jeder der Geehrten diese Auszeichnung verdient, aber die Verleihung an den Chronisten des Sonnenberges, Eckard Roßberg, finde ich prima. Und dann konnte ich noch mit verschiedenen Anwesenden über dieses und jenes quatschen - offiziell Netzwerken genannt - und vielleicht lässt sich die eine oder andere Idee umsetzen (ich finde zum Beispiel, dass man den 150. Geburtstag von Herbert Esche nicht sang- und klanglos verstreichen lassen sollte). Und es ging natürlich nicht nur um Kulturhauptstadtthemen, ich habe zum Beispiel auch aus kompetenter Quelle heute Abend gehört, wie das mit der Vernichtung der wertvollen Schriften in Timbuktu wirklich war. Und ich war erstaunt, wieviele Gäste des Neujahrsempfangs schon zu meinen Stadtführungen waren (deren Gesichter ich mir nicht gemerkt hatte) und mich darauf angesprochen haben. Zum Bild: der Countdown wurde während der Veranstaltung gestartet. Heute in einem Jahr findet die Eröffnungsveranstaltung zum Kulturhauptstadtjahr statt. Na dann wollen wir uns mal so ein Traumwetter wie heute wünschen, nicht zu kalt und die Stadt hübsch frisch geweißt.