08/08/2024
Domschweizer - Hüter des Domes
Dom...was? Diese Frage kommt tatsächlich öfter vor, wenn man nach seinem Beruf gefragt wird. Und was macht man als Dom...dingens? Es heißt DOMSCHWEIZER (meine Kolleginnen mögen es mir verzeihen, wenn ich hier auf das Gendern verzichte, ist nicht so meins).
Ja, was macht denn nun ein Domschweizer? Wie die Überschrift schon erkennen läßt...wir hüten unseren Dom. Dazu gleich mehr.
Klären wir doch mal als erstes die Frage, woher dieser Begriff kommt. Eher als der Begriff "Domschweizer" kennen viele vielleicht den Ausdruck "Schweizergarde". Um genau zu sein, ist es die "Päpstliche Schweizergarde", ein bewaffnetes Militärkorps und ist unter anderem für die Sicherheit des Papstes im Vatikan, des Palastes, sowie in dessen Urlaubsdomizil Castel Gandolfo zuständig. Dieses Korps wurde von Papst Julius II am 22. Januar 1506 gegründet und bestand zu Anfang aus 150 Gardisten.
Was aber hat das jetzt mit den Schweizern zu tun? Nun...in der Gründungszeit der Schweizer stand dieser Begriff im allgemeinen für Söldner, die tatsächlich oft aus der Schweiz kamen. Die Geschichte der Schweizergarde im Vatikan ist sehr komplex und wechselhaft, deshalb erspare ich euch diese. Viel interessanter finde ich das Heute. Denn in der Tat macht ein Gardist heute seiner Berufsbezeichnung alle Ehre, denn er muss tatsächlich ein schweizer Landsmann sein, katholisch, maximal 30 Jahre alt und mindestens 1,74 m groß und...was mir persönlich zum Verhängnis werden würde...sehr sportlich. Ja, ich weiß, ich bin auch knapp über 30.
Des Weiteren muss er verschiedene Abschlüsse vorweisen können, wie zum Beispiel den der Rekrutenschule. Was die Familienplanung betrifft, so muss ein zukünftiger Gardeschweizer erst einmal ledig sein. Hat er sein 25. Lebensjahr vollendet und außerdem 5 Jahre Dienst geleistet, DARF er heiraten und bekommt, wenn frei, eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Bezahlt wirds dieses Korps hauptsächlich von der Schweiz.
Im Mittelalter gab es übrigens den Begriff des Domstäblers, also ein Domschweizer mit Stab in der Hand, so wie wir es heute kennen, wenn der zelebrierende Priester (samt Anhang) zum Altar geführt wird. Damals hat man diesen Stab allerdings auch während der Messen benutzt, um gegebenenfalls für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
So, das war ein kurzer Einblick dahingehend, wovon ich euch nun eigenlich erzählen möchte, nämlich von uns Domschweizern des Kölner Domes.
Ich muss zugeben, als ich vor einigen Jahren noch als Besucherin im Dom war, habe ich von dem Beruf des Domschweizers einen etwas verklärten Eindruck gewonnen. Was für ein ruhiger und stressfreier Job dachte ich mir und ja, ich hatte schon damals großen Respekt vor den in bodenlangen, rot-schwarzen Talaren gekleideten Menschen. Dass mich dieses "Schicksal" einst selbst ereilen würde (bitte mit einem Augenzwinkern zu verstehen), davon konnte ich bis dahin nur träumen. Und ja, ich sehe es auch heute noch als Privileg an, Dienst in unserer wunderschönen Kathedrale zu tun. Nur...wie soll ich es ausdrücken...dieser verklärte Blick von einst wich in relativ kurzer Zeit der Realität. Der ehemalige Dompropst Bachner bezeichnete diesen Dienst vor einigen Jahren als Knochenjob. Ich konnte mir damals beim besten Willen nicht vorstellen, was er damit meinte. Nun, heute weiß ich es. Ganz so ruhig und stressfrei ist unsere Arbeit bei weitem nicht.
Aufgeteilt in 3 Schichten täglich begrüßen wir an normalen Tagen über 20.000 Menschen im Dom. An anderen Tagen sind es auch gerne schon mal 30.000. Mit begrüßen meine ich nicht nur das übliche Hallo, Hello, Buongiorno, Arigato...usw, sondern ebenfalls, all diese Menschen im Blick zu haben, schon bevor sie unseren Dom überhaupt betreten. Dafür sorgen die im Westportal (das mit den Türmen) stehenden Kollegen das erste Mal, ein weiteres Mal die Kollegen im Innenraum. Also normalerweise...denn es gibt auch immer wieder Hartgesottene, die man tatsächlich des Öfteren darauf hinweisen muss, dass doch bitte die Herren keine Kopfbedeckungen im Dom tragen möchten. Wir können natürlich nicht überall gleichzeitig sein, kommt uns aber einer dieser nicht belehrbaren Herren entgegen, sehen wir oft, dass sie sich plötzlich hektisch der Kappe oder des Hutes entledigen, um Ärger mit uns zu vermeiden. Und liebe Herren, die den Kollegen schon am Eingang sagen: "Ich weiss das, ich bin Katholik"...wir tun schon unser möglichstes, nur das mit dem Hellsehen, daran arbeiten wir noch. Wir bitten da um Nachsicht.
Dann gibt es die Zauberer...diese Menschen lassen ihre Hunde, die sie unerlaubter Weise mit den Dom nehmen möchten, da auch sie Geschöpfe Gottes sind (so lautet oft das Schimpfen auf unsere Hausregel) zack...verschwinden. Und plötzlich tauchen sie in Handtaschen, Jacken und dergleichen wieder auf. Um es mal deutlich zu sagen: Nein, wir haben nichts gegen eure Hunde, aber stellt euch folgendes vor: wir lassen alle Hunde rein, einer fängt an zu bellen, 20 weitere stimmen mit ein. In der wunderbaren Akustik unserer Kathedrale hätten wir das reinste Konzert. Fängt dann die Orgel noch an zu spielen...naja lassen wir das.
Von bösartigen Angriffen, die einige meiner Kollegen schon erleben mussten, und ja, die gibt es öfter als Ihr meint, möchte ich jetzt gar nicht erst anfangen. "Ruhig und stressfrei" (Ironie aus).
Jetzt kommt das ganz große ABER. Der überwiegende Teil unserer Besucher besteht aus freundlichen Menschen, die uns ihre Fragen stellen, sei es, und das ist die mit Abstand am häufigsten gestellte Frage, wo es denn zur Turmbesteigung geht, oder Fragen zum Dom selbst. Oft kommen wir auch mit Menschen ins Gespräch, die uns etwas aus ihrem Leben erzählen und ich kann euch sagen, mein Englischlehrer wäre stolz auf mich. Damit möchte ich sagen, die schönen Dinge gibt es auch.
Und nun noch etwas in eigener Sache. Ich möchte mich bei euch, meinen Kollegen, die zum Teil zu Freunden geworden sind, bedanken. Die Zusammenarbeit mit euch ist es, was an so manchen Tagen wieder rettet, was vorher schiefgelaufen ist oder worüber man sich vielleicht geärgert hat.
In diesem Sinne...wir sehen uns in unserem "Bahnhofskapellchen" und sicher wird es wieder was von uns Domschweizern zu lesen geben.
Eure Ramona