Von Tugend geleitet, in Gottes Gunst, vom Glück begleitet. Diese Innschrift auf Lateinisch schmückt die Fassade von Varakļāni Schloss im Osten Lettlands. Eine Innschrift, die man aus den Sommerferien im Osten Lettlands all zu gern im Handy mitnehmen möchte.
"Eines Tages trat die Hausherrin in einem müssigen Augenblick an den Rand des Gartens und blickte auf die weiten Wiesen. Sie sah, dass das Rispengras auf ihnen bereits hoch emporgeschossen war und im Wind langsame bräunliche Wellen warf, und da spürte sie, dass der Sommer gekommen war."
Edvards Virza. Straumēni.
Aus dem Lettischen von Berthold Forssman.
Guggolz Verlag, 2020
Zum lang ersehnten Frühlingsauftakt 2023 die ersten Takte aus einer Melodie, die 1844 in Riga buchstäblich den Frühling herbeigezaubert hat. Lied ohne Worte, genannt auch Frühlingslied von Mendelssohn. Clara Schumann hat damals ganz Riga mit ihrer Schönheit und ihrem Klavierspiel im Schwarzhäupterhaus bezaubert.
Die deutsche Presse schreibt 1844 in Riga über das Lied ohne Worte: „Ganz besonders erfreute sie ( Clara Schumann ) durch ein Frühlingslied von Mendelssohn, indem eine starke wohlgeübte Phantasie wirklich die ersten Schwalben, die Gespräche hervorquellernder Knospen hören und den neuen süssen Lebens-
hauch fühlen, dass junge Grün sehen konnte.“
Die deutsche Presse in Riga und Dorpat nennt Clara Schumann Frühlingskind und will ihr in einer poetischen Widmung eine Krone aus Diamanten in ihre schwarzen Locken drücken:
"Es trat zur Zeit ein Frühlingskind
In uns’re nordisch-kalten Hallen,
Wo König Winter, starr und blind,
Hof halt mit seinen Reichs-Vasallen.
Sie wagt es kühn mit zarter Hand,
Ihn aus der finster’n Ruh‘ zu stören,
Mit Tönen weiß Sie so gewandt
Den grauen Riesen zu beschwören.
Sie rührt die Saiten wundervoll,
Den Saal durchzieht ein warmes Rauschen:
Der Alte lauscht, — er muß den Groll
Gar bald mit süßer Wehmuth tauschen.
Es regt sich, wie er’s nie gefühlt,
Ein Frühlingsjauchzen ihm im Herzen,
Von Südens Woge leis‘ umspühlt
Lauscht er dem Lied mit Lust und Schmerzen.
Da läßt er durch die stille Nacht
Die klaren Sterne tiefer glühen,
Und seiner weißen Blumen-Pracht
Hoch aufwärts silberhell erblühen.
Er neigt sich Ihr vom kalten Thron,
Schmückt Ihr das Kleid mit Silberflocken,
Und drückt Ihr die diamant’ne Krön‘
Erglühend in die schwarzen Locken!"
Foto: Der Konzertsaal im heutigen Schwarzhäupterhaus in Riga.
Zum Winterausklang 2023 ein Spaziergang durch das Freilichtsmuseum am Stadtrand von Riga mit einem Text aus dem Jahre 1933.
"Die Leute von Straumēni wussten immer, wie die nächste Jahreszeit sein würde, denn jede hatte ihren Ursprung in der vorherigen und gab so manche Eigenheit an die nächste Jahreszeit weiter. Frost und reichlicher Schnee im Winter lassen Sonnenglut und üppige Kornfelder im Sommer erahnen, und in diesem Winter war der Winter voll guter Vorzeichen. Zu Martini war Schnee in unerwarteten Mengen gefallen und hatte sich all die Monate hindurch gehalten, der Hausherr liess ihn von den Zweigen der Apfelbäume herabschütteln, damit diese nicht brachen. Der März neigte sich nun bereits seinem Ende zu, aber die Sonne schleppte sich noch immer kraftlos über die blassen Felder. Die Dächer fürchteten sich vor der drohenden Schneeschmelze, aber noch immer ähnelten ihre Firste den Rücken weisser Bären."
Edvards Virza "Straumēni", 1933.
Phantastisch übersetzt von Berthold Forssman. Die deutsche Übersetzung ist 2020 in Berlin, bei Guggolz Verlag erschienen.
Kann man Ihr altes Riga erkennen? Damit konnte man die in Riga geborene Frau Renate Adolphi verwirren. Wie? Was? Die Strassen sind doch genauso. Besonders in der Innenstadt. Sie hatte recht. Besonders die Kaufstrasse mit dem Blick auf den Ratsturm am Ende der Strasse. Kaufstrasse oder auf Lettisch - Tirgoņu iela - sieht heute aus wie damals, als Renate Adolphi am 11. März 1923 in Riga geboren wurde.
Foto: Sammlung der Nationalbibliothek Lettlands.
Macht Glauben satt? Ja! Frau Renate Adolphi, geb. in Riga am 11.03.1923 wusste dieses alte Kindergedicht noch im hohen Alter auswendig.
"Glauben macht seelig.
Seelich ( ein Rigascher Kaufmann) macht Gummi.
Gummi macht reiner.
Reiner ( ein Konditoreibesitzer in Riga) macht Kuchen.
Kuchen macht satt.
Das erste und das letzte Wort - also, Glauben macht satt."
#riga #lettland
Renate Adolphi, geb. in Riga am 11.03.1923, besuchte bis ins hohe Alter sehr oft ihre Heimatstadt Riga. "Unregelmässig rhytmisch". So wie sie als junges Mädchen mal in Riga Tango lernte. Im März 2023 gedenkt man in Riga Renate Adolphi zu ihrem 100. Jubiläum.
#riga #tango
Stadtfführungen Riga / Kulturreisen Lettland mit www.riga-reisenotizen.lv
Agenskalns Slokas Strasse